Steffen: Schicksalsschläge kommen und gehen, das Leben kommt und geht nur einmal.
Kinder sind ein schönes Geschenk. Sie verstecken zu müssen, eine große Herausforderung, sie gehen zu lassen eine noch viel Größere. Gleichzeitig mit sich selbst unzufrieden sein und es allen recht machen zu wollen, um bloß dazuzugehören und nicht weiter gemobbt zu werden – ein unerträglicher Kampf.
Aber ich fange am Besten einmal vorne an:
1988 bin ich am Rande einer Kleinstadt in OWL aufgewachsen. Katholisch erzogen, jeder Nachbar kennt den Anderen, alle Nachbarskinder spielen miteinander auf der Straße und den angrenzenden Wiesen. Jeder Fehltritt wurde gesehen, jede Andersartigkeit mit Argwohn betrachtet.
Ich bin schon als Kind aus meiner Rolle gefallen – wollte lieber mit Autos, statt mit Puppen spielen, lieber auf Bäume klettern, statt aus Plastiktassen imaginären Tee zu trinken, lieber Hosen tragen, statt Kleider. Aber Eltern tun dies gerne ab: „Ist ja nur eine Phase. Das legt sich wieder.“ Es hat sich nur nicht gelegt. Durch meine Andersartigkeit wollten kaum noch Kinder mit mir spielen. Erst habe ich sie und dann mich selbst infrage gestellt, hab mich immer weiter zurückgezogen und alles abgeblockt, was mich aus meiner sicheren Höhle herausreißen wollte/sollte.
Mit 14 habe ich das erste Mal wissentlich darüber nachgedacht, warum ich als Mädchen und nicht als Junge geboren wurde. Aber damals gab es diese Begriffe wie Trans, Bi, Schwul/Lesbisch, etc. noch gar nicht in meiner Welt.
Mit 15 wurde ich ungewollt schwanger (und Nein, das hatte nichts mit „zu doof zum Verhüten“ zu tun!).
Meine Eltern durften das jedoch um keinen Preis erfahren. Als der Bauch sich nicht mehr verstecken ließ, bin ich zu einem Freund abgehauen, der mit seinen 19 Jahren bereits eine eigene Wohnung und einen Job als Krankenpfleger und Geburtshelfer hatte.
Zoff gab es zu der Zeit bereit täglich – na ja, wohl eher stündlich – mit meiner Familie. Abhauen war damals immer wieder eine Option für mich. Auch vor der Schwangerschaft schon. Zur Schule wollte ich aber weiterhin und hab diese auch, bis auf einige Fehltage, durchgezogen. Daher haben sie auch nicht direkt nach mir gesucht.
Zunächst waren wir am überlegen, was nach der Schwangerschaft passieren soll. Adoption und wenn ja, offen oder anonym? Behalten? Babyklappe?
Es war zum verzweifeln…
Am Ende haben wir uns auf eine offene Adoption geeinigt. Somit konnte ich wenigstens immer wieder sehen, wie es meinen Engelchen geht.
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