Bente: Ich bin ein Chamäleon, mal siehst du mich, mal nicht, mal die Schatten, mal das Licht.

BENTE
BENTE

Die meisten Menschen kennen mich als einen lebensfrohen Menschen, der seine Arbeit als Künstlerin liebt. Doch gibt es Schattenseiten, die nur die Wenigsten kennen. Ich glaube ich kann diese an einer Hand abzählen. Und dann gibt es welche, die nur Teile davon sehen und kennen, aber bei Weitem nicht in die Tiefe gehen bzw. dahinter gucken.

2011 verlor ich fast meinen autistischen Bruder, der an Depressionen leidet. Damals war ich zwölf. Das hat mein ganzes Leben neben all dem Chaos, das es schon gab, richtig auf den Kopf gestellt. Ich habe mich allein gelassen gefühlt und habe mich immer weiter zurückgezogen. Es hat nicht lange gedauert, da litt ich selbst an starken Depressionen in Kombination mit selbstverletzendem Verhalten und einem hohen Aggressionspotential und einer nicht diagnostizierten Angststörung. Bei der Diagnose war ich 14, wenn ich drüber nachdenke nicht gerade alt.
Ich musste sehr früh erwachsen werden und das was mein Umfeld als positiv empfand wurde für mich zum Höllenritt. Ich habe mit niemanden über die Probleme gesprochen, konnte mich nicht mal ohne Angst in unserem Haus bewegen, geschweige denn aus meinem Zimmer gehen. Ich muss dazu sagen, dass ich mit zwölf das erste Mal von deutlich älteren Männern auf meinen Körper reduziert wurde. Dies steigerte sich immer weiter und mit gerade sechzehn schrieb mir ein mitte dreißigjähriger, verheirateter Mann, dass er sich in mich verliebt hat und was er gerne mit mir machen würde. Daraus entstand eine Angst, die mich auch heute noch ab und zu begleitet. Inzwischen weiß ich wie ich damit umgehe und kann aus der Situation raus, wenn es gar nicht anders geht.
Mit 14 habe ich mich dafür entschieden mir Hilfe zu suchen, denn ich wusste ich halte all das nicht mehr lange aus und ich wollte all die wundervollen Menschen, die ich in meinem Leben hatte, nicht verletzen.Trotzdem habe ich mir oft überlegt, ob überhaupt jemand um mich trauern würde und wenn ja, in welcher Form.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade meine ersten Auftritte mit dem Theater Feuervogel, meinen Kindheitshelden. Ich habe das Theater bewusst wohl mit zwei das erste Mal auf einem Mittelaltermarkt gesehen und war verzaubert.
Als ich 4 Jahre alt war hat mir meine Mutter ein Feuervogelkostüm genäht in dem ich über die Märkte gelaufen bin und auch zuhause am liebsten nur in diesem Kostüm umher gelaufen wäre. Wir sind dem Theater zum Teil auf Veranstaltungen hinterher gefahren und es hat nicht allzu lang gedauert, da wussten Hermann und Karen wer ich bin.
2010 habe ich beschlossen, dass ich Stelzen laufen lernen möchte, damit ich zum Theater Feuervogel kommen kann und 2013 war es dann soweit. So Entstand etwas ganz Wundervolles und die beiden haben mir ermöglicht Kraft zu tanken, indem ich anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Durch diese Chance war klar, dass ich das irgendwann beruflich machen möchte.
Ich bin so viele verschiedene Kostüme des Theaters gelaufen und irgendwann sagte Karen zu mir, dass ich wie ein Chamäleon bin. Ich kann so viele verschiedene Kostüme laufen. Später sagte sie mir, ich sei das Feuervogel- Ziehkind.
Ich habe die Chance gekriegt Menschen mein Licht zu schenken, das die beiden mir damals geschenkt haben und diese Menschen zu verzaubern und es gibt nichts Schöneres als ein verzaubertes Lächeln zusehen.
Zusätzlich habe ich mir über all die Jahre einen wundervollen Freundeskreis bei Mittelaltermärkten aufgebaut.
All diese Menschen wollte ich niemals verletzen und ich wollte nie, dass der Schein von einer glücklichen Bente getrübt wird. Mir war wichtig, dass all die lieben Menschen, die ich in meinem Leben habe, nie meine Schattenseiten sehen. Sie kennen mich als lebensfrohen Menschen und der bin ich auch, jedenfalls meistens.
Inzwischen traue ich mich auch meine Schattenseiten zu zeigen und auch vor anderen und mit anderen zu weinen. Das war früher für mich ein absolutes Tabuthema. Ich wollte schließlich den Schein einer heilen Welt, die ich nie hatte und nie haben werde bewahren. Ich gehe offen mit meinen Problemen um und erkläre Freunden warum ich wie handle. So eben auch, dass ich mich für die Lebenslänge meines Bruders verpflichte für ihn da zu sein, weshalb ich auch schon oft auf Granit gestoßen bin und Menschen gesagt haben, dass ich die Verantwortung abgeben solle, denn dann würde es mir ja besser gehen. Aber warum sollte ich eine gewisse Verantwortung die eigentlich nicht der Rede wert ist, für den mir wichtigsten Menschen an jemand Fremden abgeben und somit meinem Bruder eventuelle Möglichkeiten nehmen sein Leben so zu leben, wie er es möchte und verdient hat.
Es gibt in jedem Leben Schatten und Licht und in meinen jungen Jahren habe ich vielleicht schon mehr davon erlebt, als es eigentlich sein sollte. Doch machen mich diese Schatten aus, durch sie schätze ich das Licht umso mehr und dass ich anderen Menschen dieses Licht weiter geben kann, macht mich zu einem unfassbar glücklichen Menschen. Drum sehen mich manche mal nicht, da ich mich verstecke und so zurückhaltend bin, dass ich übersehen werde. Aber wenn ich da bin und auf meinen Stelzen – egal ob durchs Dorf und über die Feldwege an den Treckern vorbei oder bei einem Walkact als Widdergöttin an der Seite vom Drache, Feuervogel und Spinne am Wurzelwagen – durch die Menschen ziehe, siehst du mich, denn ich bin ein Chamäleon und ich bin da.